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Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt …
Mit quälender Nüchternheit und erleichternder Ironie hat Kafka hier das Scheitern eines Befreiungsversuches minutiös abgehandelt und dabei tief in die seelischen Abgründe der Familie Samsa geschaut.
Das groteske Bild, das er sich ausmalt, ist das eines Insekts, aber mit der Seele eines Menschen. Wie sich das anfühlen muss, schildert Kafka empathisch, aber grausam, denn er hat Gregor nicht in ein nützliches Insekt verwandelt, sondern in ein hässliches Ungeziefer. Da der brave Handlungsreisende damit nicht mehr herumschwirren kann, um Eltern und Schwester zu ernähren, diese sich vielmehr nun selbst abstrampeln müssen, will er ihnen nicht noch mehr schaden. Und so beschließt Gregor, größtmögliche Rücksicht auf sie zu nehmen. Die Familie aber versteht seine Rücksichtnahme nicht. Gregors Unglück ist nicht nur, dass in seinem Tierkörper eine zerrissene Menschenseele haust, sondern dass diese, so sehr sie zunächst bittet und dann zürnt, nicht mehr gesehen wird. Er ist seiner Familie nämlich so fremd geworden, dass er nicht mehr dazugehört.
Das Unglück, das Kafkas Figuren widerfährt, kommt nicht nur von außen, sondern auch aus dem eigenen Inneren. Das hat natürlich auch ganz viel mit Kafka selbst zu tun. Um zu zeigen, wie sehr Kafkas eigene dunkle Welt immer wieder in seinen Werken aufleuchtet, haben wir den sorgfältig gekürzten und nur mit wenigen dramaturgischen Eingriffen versehenen Originaltext der VERWANDLUNG in eine biografische Rahmenhandlung bzw. Grundsituation gebettet. Damit lassen sich Blitzlichter darauf werfen, wie seine Erzählung entstand, was ihr Auslöser war und welche Erfahrungen und Bedrängnisse Kafka sich dabei von seiner eigenen Seele geschrieben hat.