Die beinahe neunzigjährige Anette, Professorin der Literaturwissenschaften, befindet sich auf der Schwelle zu ihrer letzten Reise: Sie weiß, dass sie bald sterben muss und sucht für sich einen lyrischen Abschied aus dem Leben.
In diesem Abschnitt ihres Lebens nimmt sie noch einmal den Zug nach Klagenfurt und begibt sich an das Grab von Ingeborg Bachmann, im Gepäck Bachmanns Gedichte, die Anette in dieser Zeit begleiten sollen (und während ihres Lebens stets begleitet haben). Sie sucht nach Spuren der Schönheit und beginnt während der Reise, einen fiktiven Brief an Ingeborg Bachmann zu verfassen.
In der direkten Ansprache an die Verstorbene reflektiert Anette dabei das Leben und Altern als Frau in einer von Männern bestimmten Welt. Das Schreiben des fiktiven Briefes erweitert ihr Verständnis für das, was sie umtreibt und mit dem sie sich allein wähnte, ohne es zu sein. In der Reflexion findet sie Versöhnung mit ihrem zurückliegenden Leben, indem sie die Momente von poetischer Schönheit einfängt, die es immer wieder gab, und entwickelt gleichzeitig die Bereitschaft, anzuerkennen und auszuhalten, wie unentwirrbar Leben und Tod miteinander verwoben sind.
Somit ist der Text zugleich eine Liebeserklärung an die Kraft der Literatur, die imstande ist, den Blick auf das eigene Leben, die eigene Lebenssituation, zu schärfen, und Impulse für das eigene Denken zu liefern. Denn in der Literatur erkennen wir, dass alle Krisen und Übergänge Teil des Mensch-Seins sind.