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MO - FR: 09:00 - 18:00, an Spieltagen bis Veranstaltungsbeginn
SA, SO + FEIERTAG: nur an Spieltagen von 10:00 bis Veranstaltungsbeginn
ÖFFNUNGSZEITEN KARTENBÜRO: MI - FR: 14:00 - 18:00
Veranstalter: Kulturverein Etty
© Verena Andrea Prenner
SEX IN LINZ
Eine Realsatire mit Herz, Humor und Tiefgang
INFOS
Bettina Buchholz
Die Schauspielerin Bettina Buchholz absolvierte im Vorfeld ein mehrwöchiges Praktikum bei Caritas LENA - einer Fachberatungsstelle für Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind.
Als Bettina Buchholz Mitte der neunziger Jahre am Heidelberger Theater „Lulu“ von Frank Wedekind probte, traf sie sich mehrmals mit der bekannten Domina, Schriftstellerin und Theologin Heide-Marie Emmermann. (Die ehemalige Domina arbeitete in einem Bordell auf der Reeperbahn in Hamburg.)
In den 17 Jahren am Landestheater Linz verkörperte Bettina Buchholz einige Prostituierte, z.B. in „Imperium“ oder in „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“.
Johannes Neuhauser
Johannes Neuhauser lernte schon in seiner Kindheit die alltägliche Arbeit einer Sexdienstleisterin kennen. Eine Nachbarin im Haus gegenüber empfing regelmäßig Freier in einer angemieteten Wohnung.
Als Sozialarbeiter, systemischer Psychotherapeut und Supervisor hatte er immer wieder beruflich Kontakt mit Sexdienstleisterinnen in Linz und der Leitung von Caritas LENA.
Für den ORF drehte Johannes Neuhauser eine vielbeachtete Dokumentation über Sexarbeiterinnen in Österreich und in der philippinischen Hauptstadt Manila.
Tina ist die Putzgröße im Sexgeschäft in Linz. Aber jetzt nach 45 Jahren geht sie in Pension. An ihrem allerletzten Arbeitstag erzählt sie, wie das Sexgeschäft in Linz das Laufen lernte:
Alles begann im Sexkino Eisenhand mit einem legendären Pornoklassiker. Kurz darauf eröffnete in der Goethestraße die erste Peepshow. Die umtriebige Domina „Frau Eva“ übernahm als „Puff-Mutter“ das Bordell „Ostende" und forderte bereits Anfang der 90er eine „Sexarbeiterinnen-Gewerkschaft“. Sister Sol – eine mutige Ordensschwester aus Manila – besuchte daraufhin Frau Eva und NGOs in Linz. Die Caritas Oberösterreich eröffnete 1997 in Linz das Projekt LENA.
Immer mehr Laufhäuser entstehen in und um Linz. Im Internet preisen sie ihre Dienste an. Aus dem schmuddeligen Nachtklub-Geschäft wird eine scheinbar cleane Sexindustrie. 2023 entstehen die ersten Puppenzimmer und Puppenhäuser. Die Sexdolls werden vorgewärmt, nach Wunsch der Kunden gekleidet und sollen so den optimalen Lustgewinn hervorrufen.
Tina ist froh, dass sie in Pension gehen kann und nicht mehr neben den
Laufhaus-Zimmern auch die sogenannten „Liebesöffnungen“ der Puppen
reinigen muss.
Das Theaterprojekt „Sex in Linz“ ist eine Realsatire mit Herz, Humor und Tiefgang.
ES LIEST & SPIELT
die bekannte Schauspielerin Bettina Buchholz
BÜHNENFASSUNG & VIDEOS & INSZENIERUNG
Johannes Neuhauser
Besonderer Dank an Elke Welser von Caritas LENA Linz und an die Sexdienstleisterin Astrid.
Weiterer Dank an Burgschauspielerin Gertraud Jesserer † (Stimme von Sister Sol) und an Bettina Redlich (Stimme der Sexarbeiterinnen).
PREMIERE
SA 16.11. 19:30
TERMINE
FR 22.11. 19:30
SA 30.11. 19:30
DO 05.12. 19:30
FR 13.12. 19:30
SO 12.01. 17:00
SA 25.01. 19:30
SA 08.02. 19:30
SO 23.02. 17:00
© Reinhard Winkler
Volksblatt von Werner Rohrhofer (17.11.2024)
„Sex in Linz“ eine Realsatire über eine verdrängte Realität
Eines gleich vorweg: Auch wenn die neue Produktion des Theaters Tribüne den Titel „Sex in Linz“ trägt, sind voyeuristische Assoziationen und einschlägige Spekulationen fehl am Platz, im Gegenteil: Die Szenische Lesung ist eine ernsthafte, aber auch satirische Auseinandersetzung mit einem allzeit aktuellen Thema, dem Geschäft mit der Sexualität, fokussiert auf die Frau. Festgemacht an den Verhältnissen in Linz ab den 1970er Jahren bis heute. Die Gemeinschaftsproduktion des Kulturvereins Etty und der Tribüne hatte gestern Premiere.
Der Psychotherapeut und Autor Johannes Neuhauser ging an die heikle und meist verdrängte Problematik des Sexgeschäfts mit dem Ansatz „Geschichte von unten“ heran. Die Dinge werden nicht von einer höheren Warte aus geschildert, sondern aus der Perspektive der betroffenen Menschen. Im vorliegenden Fall einer vor der Pensionierung stehenden Reinigungsfrau, die jahrzehntelang in Bordellen und anderen einschlägigen Einrichtungen dafür gesorgt hat, dass es dort – gemäß ihrem Firmennamen – „sauber und diskret“ zugeht. Nun lässt sie ihre Erfahrungen Revue passieren und das Publikum daran teilhaben.
Realsatire im besten Sinn des Wortes. Die Dinge sind nicht erfunden, sie waren und sind Linzer Realität. Geschickt verpackt in einen satirischen Rahmen, eben die – aus der DDR zugewanderte – Reinigungsfrau. Manche Ironie blitzt auf, vor allem aber gewinnen die eineinhalb Stunden zunehmend dokumentarischen und damit sozialkritischen Charakter. „Sexarbeiterin“ – ein verachteter, aber immer „gefragter“ Beruf. Allein in Oberösterreich gibt es heute rund 80 genehmigte „Arbeitsstätten“, die Frauen sind offiziell registriert und somit abgesichert.
Linz als Vorreiter
Das war nicht immer so, wie die Produktion „Sex in Linz“ deutlich macht. Es begann in den 70er-Jahren übrigens genau dort, wo heute die Tribüne logiert: Im Eisenhandkino, dem Ersten Pornofilmtheater im Lande. Es folgte die österreichweite Premiere einer „Peepshow“ in der Linzer Goethestraße und schließlich das Bordell „Ostende“, das sich bald einen einschlägig-legendären Ruf erwarb.
Dieses Etablissement war aber auch der Beginn einer Bewegung, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte, die aber für die Frauen enorm wichtig war – der „Sexarbeiterinnen-Gewerkschaft“ unter der ebenso legendären Führung von „Frau Eva“. Heute ist es vor allem die Caritas-Einrichtung „LENA“, die sich um die Sexarbeiterinnen kümmert, von der Beratung bis zur Hilfestellung bei verschiedensten Problemen. Gerade in Zeiten des Internet und der heutigen „Laufhäuser“ gilt es, die Würde und die Rechte der Prosituierten zu wahren.
Zurück zu „Sex in Linz“. Die „Reinigungsfrau“ mit ostdeutschen Wurzeln und eben solchem Dialekt wird perfekt verkörpert von Bettina Buchholz. Sie findet den richtigen Ton zwischen Distanzierung von ihrer Arbeitsstätte – etwa wenn sie mithilfe einer langen Zange die gebrauchten Taschentücher der Kunden entsorgt – und der Empathie für die Sexarbeiterinnen.
Wobei die Sichtweise weit über Linz hinaus reicht, nämlich bis Manila und den Sextourismus dorthin. Sowohl historische Linzer Filme und Videos als auch Filmmaterial gerade von den Philippinen sind kongenial ins Geschehen eingebaut. Alles in allem, ein Theaterabend, der nachdenklich macht, der aber auch das Bewusstsein schärft für eine „dunkle Seite“ der Realität, nicht nur in Linz.